Newsletter Nr. 12 vom 29.06.2011

„Sonst tritt er für die Rechte von Arbeitnehmern ein, jetzt setzt er die eigenen Leute vor die Tür: Gegen den Widerstand der Belegschaft wird der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sein Hamburger Tagungszentrum in Sasel zum 31. Dezember 2011 schließen und 27 von 38 Mitarbeitern kündigen. Das teilte der Betriebsrat nach gescheiterten Interessensverhandlungen in Berlin mit. Demnach wird das 1974 in Betrieb genommene Zentrum zum Ende des Jahres aus Kostengründen geschlossen.“
(Ausschnitt aus einem Bericht des Hamburger Abendblatts, 27. Juni 2011)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wie Euch die Meldung aus dem Hamburger Abendblatt schon zeigt, haben wir mit diesem Newsletter negative Nachrichten weiterzuleiten: Die zuletzt in Berlin stattgefundenen Interessenausgleichsverhandlungen zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Geschäftsführung des DGB Bildungswerks, sie sind in der letzten Woche endgültig gescheitert. Klar ist nun, dass unsere traditionsreiche Bildungsstätte für Betriebsräte in Hamburg schon am 25. November dieses Jahres ihre Pforten schließen wird. Für die Bildungsstätte in Starnberg muss indes noch eine Entscheidung des LAG München zur Frage eines standortbezogenen Interessenausgleichs abgewartet werden.

Insgesamt sollen in beiden Häusern allein 56 Arbeitsplätze der fest angestellten Mitarbeiter vernichtet werden – 27 davon allein in Hamburg. Wie viele der freiberuflichen tätigen Mitarbeiter durch die Reduktion des Bildungsangebots betroffen sein werden, darüber lässt sich nur spekulieren. Doch noch wichtiger: das bisherige Konzept einer guten Betriebsrätequalifizierung unter dem Dach des DGB in eigenen Bildungszentren wird damit aufgegeben. Denn auch dem Einigungsstellenvorsitzenden Waldemar Reinfelder (Richter am Bundesarbeitsgericht) blieb am Ende nur übrig das Scheitern der Verhandlungen festzustellen, nachdem der Bundesvorstand des DGB (im Schlepptau die Geschäftsführung) jegliche Kompromissbereitschaft hatte vermissen lassen.

Diskutiert wurde bis zum Schluss. So auch darum, ob es nicht möglich wäre, den Schließungstermin noch um ein Jahr hinauszuzögern. Doch auch davon wollte Ingrid Sehrbrock, verantwortliches Mitglied des geschäftsführenden Bundesvorstandes des DGB, nach Rücksprache mit Michael Sommer, nichts wissen. Auch für Reinfelder wurde nun deutlich: es ist dies eine politische Entscheidung. Die zuvor immer wieder ins Feld geführten ökonomischen Gründe, sie waren wohl vorgeschoben.

Immer wieder hatte der GBR während der Verhandlungen auch eigene Einsparvorschläge vorgelegt. Da wurde zum Schluss selbst über Finanzierungsmodelle gesprochen, die auch Gegenleistungen der Belegschaft mit einschließen. Die in diesem Zusammenhang von den Betriebsräten vorgelegten Unterlagen, sie waren so gut und überzeugend, dass nicht nur der Einigungsstellen-Vorsitzende sie als zielführend und konstruktiv bewertete, sondern selbst auch die Geschäftsführung darin (nun zumindest zeitweilig) Verhandlungsansätze erkennen konnte. Dass trotzdem kein Kompromiss gefunden wurde, das erklärt sich aus der sturen Haltung von Michael Sommer und seiner Gefolgsleute im Bundesvorstand des DGB. Gute Qualifizierung für Betriebsräte? Für Sommer und Co scheint das kein Thema.

Deutlich wird nun, was wir lange Zeit bereits vermuteten: Nie und zu keinem Zeitpunkt waren diese Verhandlungen ergebnisoffen. Nie und zu keinem Zeitpunkt spielte die angeblich schlechte wirtschaftliche Lage des DGB Bildungswerks eine wirkliche Rolle. Betriebsrätequalifizierung – sie soll in ihrer bisherigen Form aufgegeben werden. Das war das Ziel. Das ist jetzt das Ergebnis.

Nach unserem letzten Newsletter waren Teilnehmende aus unseren Seminaren, auch Beschäftigte, noch vor das Hamburger Gewerkschaftshaus gezogen. Eine eindrucksvolle Aktion des Widerstands, der weitere folgten. Zum Tag der Arbeit, dem 1. Mai, berichteten die Medien bundesweit über die Ereignisse. Mit Hilfe von verantwortungsvollen Journalisten war es bereits zuvor gelungen, das Thema in der Öffentlichkeit zu platzieren: in der taz, in der Jungen Welt, im Radio, auch im Hamburger Abendblatt. Doch nun berichteten auch der Spiegel und Focus, das Handelsblatt und die Welt, auch die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ), ja selbst die Märkische Allgemeine. Weitere Artikel und Meldungen, so zum Beispiel im Neuen Deutschland oder in der Hamburger Morgenpost, rundeten dieses Bild dann noch ab. Ein peinliches Bild für unsere Gewerkschaften. Doch einem Michael Sommer, einer Ingrid Sehrbrock, einem Dieter Eich, ihnen ist das wohl egal.

Aus exakt diesen Führungskreisen ist nun zu hören, dass ein kleinerer Teil der bislang in Hamburg (und Starnberg) stattgefundenen Seminare, künftig noch an einem anderen Ort – am Hamburger Besenbinderhof – angeboten werden solle. Bereits seit Wochen werden deshalb Verhandlungen zum Beispiel mit dem Jungen Hotel bereits geführt. Doch ist das ein Ersatz für unsere Bildungszentren in Sasel und Starnberg? Uns scheint: hier geht es wohl eher um eine Schließung in Raten. Die aber hat aus Führungssicht durchaus ihre Vorteile:

Erstens werden so nicht gleich alle verprellt – und damit vielleicht auch gespalten. Denn einem Teil des Personals, vor allem dem Kreis der nicht fest angestellten Mitarbeiter, aber auch den so genannten Kundinnen und Kunden, wird so nun vorgegaukelt, es gäbe auch noch eine Zukunft nach Schließung unserer Häuser. Und zweitens können mit diesem Schachzug dann gleich auch noch Probleme des Leerstands der gewerkschaftseigenen Immobilienfirma VTG gelöst werden. Denn die Eigentümerin genau jener Räume, in der dann am Besenbinderhof einige Seminare noch angeboten werden, das ist die VTG. Die kann dann – zumindest zeitweilig – für ihre sonst leer stehenden Räume – auch noch Mietzahlungen kassieren. Zahlungen, die sonst nicht geflossen wären.

Was ihr selbst von diesen Entwicklungen haltet, das könnt ihr, wie üblich, auf unserem Diskussionsblog notieren:
http://diskussionsforum.foerderkreis-sasel.de/

Eure Freunde und Kolleginnen aus dem Förderkreis zum Erhalt aller
Bildungsstätten des DGB Bildungswerks