Kommentar: Fragen des „labournet“, Antworten der NGG und Kommentare des VGB

Kurz nach dem 1. Mai 2011 veröffentlichte labournet unter
(www.labournet.de/branchen/dienstleistung/allg/dgb_sasel.html) ein bemerkenswertes Interview mit der Gewerkschaft NGG über deren Rolle als „Hausgewerkschaft“ in den von Schließung bedrohten DGB-Bildungsstätten Niederpöcking und Sasel.
Der VGB (www.dervgb.de) kommentiert die NGG-Antworten auf die labournet-Fragen wie folgt:

1. Teil

Frage labournet:
Gibt es in dem Mantel- oder Rahmentarifvertrag (falls es einen solchen geben sollte) einen arbeitgeberseitigen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen analog dem Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen im derzeit noch bis 2014 gültigen Sozialplan des DGB?

Antwort NGG:
Beim DGB Bildungswerk existiert kein Sozialplan, der betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2014 ausschließt. Tarifvertraglich ist ein solcher Ausschluss von Kündigungen weder beim DGB noch beim DGB Bildungswerk geregelt. Beim DGB ist der von Dir genannte Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen im Rahmen von Interessensausgleichs- und Sozialplanverhandlungen 2009 zwischen dem Gesamtbetriebsrat des DGB und dem DGB vereinbart worden, die auf Grund von Strukturveränderungen des DGB angezeigt waren.
Unseres Wissens nach läuft aktuell auf Betreiben der Geschäftsleitung des DGB Bildungswerk das gerichtliche Verfahren zur Einsetzung einer Einigungsstelle zu den Interessensausgleichsver-handlungen.

Frage labournet:
Wenn bisher kein Mantel- oder Rahmentarifvertrag mit zumindest bis 2014 befristetem Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen von der NGG mit dem DGB-Bildungswerk abgeschlossen wurde: Warum nicht (schließlich wurde bereits 1973 von der Mitgliederversammlung des DGB-Bildungswerkes beschlossen, dass für die dortigen Beschäftigten „die gleichen Arbeitsbedingungen wie für die DGB-Beschäftigten“ gelten sollten)?

Antwort NGG:
Bisher gab es keinen Bedarf, eine Regelung zum Ausschluss von Kündigungen analog zu der Regelung zu treffen, die für die Beschäftigten des DGB gilt. Wie oben beschrieben beruht der in der ersten Frage beschriebene Kündigungsverzicht nicht auf einem Tarifvertrag, sondern ist durch Sozialplanverhandlungen zustande gekommen.

Kommentar VGB:
Wie bitte ? Es wäre der „Interessenvertreterin der DGB-Bildungswerk-Beschäftigten“ NGG doch möglich gewesen, unter Bezugnahme auf die seit 1973 beim DGB-Bildungswerk unverändert gegebene Beschlusslage, dass für die dortigen Beschäftigten „die gleichen Arbeitsbedingungen wie für die DGB-Beschäftigten“ gelten sollten, sofort nach Abschluss des DGB-Sozialplans im Jahre 2009, spätestens jedoch beim Bekanntwerden der Schließungspläne die Aufnahme eines Verzichts auf betriebsbedingte Kündigungen in ihren „Manteltarifvertrag“ vom DGB-BW zu fordern und notfalls kampfweise durchzusetzen. Dass die NGG diese tarifpolitische Möglichkeit bisher nicht genutzt hat und offensichtlich auch jetzt, sozusagen 5 vor 12, anscheinend nicht daran denkt zu nutzen, lässt tief blicken!

Frage labournet:
Was hat die NGG bisher gegenüber der Geschäftsführung des DGB-Bildungswerks einerseits als auch gegenüber dem DGB-Bildungswerk-Eigner DGB andererseits im Einzelnen und wann jeweils dafür unternommen, „dass die Bildungszentren Hamburg-Sasel und Starnberg nicht geschlossen werden und eine zeitgemäße Weiterentwicklung des DGB-Bildungswerkes stattfindet“?

Antwort NGG:
Öffentlich sichtbar haben auf Betreiben der NGG Verhandlungen über den Fortbestand der Bildungs-zentren unter Beteiligung des Gesamtbetriebsrates des DGB Bildungswerk mit der Vereinsvorsitzenden des DGB Bildungswerkes Ingrid Sehrbrock am 3.12.2010 und 22.2.2011 stattgefunden.
Des Weiteren wurde auf Betreiben der NGG dem Gesamtbetriebsrat des DGB die Möglichkeit einge-räumt, den Teilnehmenden der Bundesvorstandssitzung des DGB am 1.3.2011 die wesentlichen Eckpunkte des Alternativkonzeptes vorzustellen.
Darüber hinaus haben wir bis zum heutigen Tag unsere Möglichkeiten genutzt, innerhalb der DGB-Strukturen für den Erhalt der Tagungszentren einzutreten.

Kommentar VGB:
Beim Lesen der ersten beiden NGG-Sätze gewinnt man den Eindruck, als spreche hier ein quasi „neutraler“ Moderator. Ob die von den Schließungsplänen betroffenen DGB-Bildungswerk-Beschäftigten ihre NGG-Beiträge bewusst für Moderieren anstelle ernsthafter gewerkschaftlicher Interessenvertretung gezahlt haben, bezweifelt der VGB.
So sehr es die NGG ehrt, nach ihrer Darstellung „bis zum heutigen Tag“ ihre „Möglichkeiten genutzt“ zu haben, „innerhalb der DGB-Strukturen für den Erhalt der Tagungszentren einzutreten“, so nüchtern ist festzustellen, dass diese dargelegten Bemühungen der NGG bisher von keinerlei Erfolg gekrönt waren. Im Gegenteil: Am 1.3.2011 hat der DGB-Bundesvorstand beschlossen, dass Michael Sommer und der Bundesvorstand „nicht in die laufenden Verhandlungen eingreifen werden“. Von einer NGG-Ablehnung dieser die Schließungsabsicht de facto stützenden Positionierung des Eigners des DGB-Bildungswerks war leider nichts zu vernehmen.

Frage labournet:
In welcher Weise hat die NGG die Aktionen am 12.4.2011 im Anschluss an die Saseler Betriebsversammlung (Demo vom Hamburger Hbf und Kundgebung vor dem Hamburger Gewerkschaftshaus) konkret unterstützt?

Antwort NGG:
Die NGG hat die Demonstration am 12.4.2011 nicht unterstützt. Wir sind von den Organisatoren der Demonstration nicht um Unterstützung durch NGG angesprochen worden.

Kommentar VGB:
Wenn dies zutreffen sollte, wäre das ein leichtsinniges Unterlassen der Inanspruchnahme gewerk-schaftlichen Beistands gewesen. Sollte dies dem spontanen Charakter der Aktion am 12.4. geschuldet sein, stellt sich dennoch die Frage, warum die in diesem Betrieb vertretene DGB-Gewerkschaft NGG nicht einfach diesen Aktionsvorschlag in der Betriebsversammlung aufgegriffen und durch Voranmar-schieren beim Demonstrationszug und durch ein deutliches öffentliches Statement vor dem Hamburger Gewerkschaftshaus unterstützt hat. Könnte das vielleicht daran liegen, dass die DGB-Gewerkschaft NGG Beißhemmung gegenüber dem Arbeitgeber DGB (-Bildungswerk GmbH) hat ?

Frage labournet:
Wann hat die NGG bei der Geschäftsführung des DGB-Bildungswerkes als dessen „Tarifpartner“ schriftlich die Forderung nach einem Sozialtarifvertrag gestellt?
Wenn nein, warum nicht, obwohl der NGG dieses Instrument (siehe NGG-Sozialtarifvertrag
bei Anheuser-Busch inBEV Deutschland) durchaus bekannt ist?

Antwort NGG:
Die NGG hat das DGB-Bildungswerk nicht zur Aufnahme von Verhandlungen zu einem Sozialtarifvertrag aufgefordert. Aktuell läuft das betriebliche Verfahren zu den Interessenausgleichs- und Sozial-planverhandlungen.
Die Forderung nach einem Sozialtarifvertrag würde unsere Forderung nach Erhalt der Bildungszentren konterkarieren.

Kommentar VGB:
Unsinn: Gewerkschaftliche Strategie beim Kampf um Sozialtarifverträge ist in aller Regel, die vorgesehenen Betriebsänderungen (hier:Stilllegungen) derart zu verteuern, dass die Weiterführung des Betriebs die auch betriebswirtschaftlich sinnvollere Alternative zur Stilllegung darstellt.
Zum Verhältnis von Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen zum Kampf um einen Sozialtarifvertrag erklärte das BAG am 24.4.2007:
http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2007-4-24&nr=11719&pos=0&anz=1