Mit einem Sozialtarifvertrag die Schließung der DGB-Bildungsstätten verhindern !

Aus den letzten beiden Infos des GBR des DGB Bildungswerks wird deutlich:
1. „Michael Sommer betonte, dass er und der Vorstand nicht in die laufenden Verhandlungen eingreifen würden.“ Damit ist eindeutig, dass der DGB-Bundesvorstand de facto hinter den Schließungsplänen der Geschäftsführung des DGB-Bildungswerkes (GF DGB-BW) steht und hier als Gegner der Beschäftigten und ihrer Betriebsräte agiert.

2. Mit ihrer schnellen und einseitigen Erklärung des Scheiterns der Verhandlungen um einen Interessenausgleich und der Anrufung der Einigungsstelle will die GF DGB-BW nun schnellstmöglich in die Lage versetzt werden, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen.

Zu letzterem ist sie dann berechtigt, wenn die Einigungsstelle keine einvernehmliche Entscheidung über den Interessenausgleich, insbesondere über die hier geplante Betriebsänderung Stilllegung der Bildungsstätten Sasel und Starnberg, zustande bringt. Nach dem BetrVG hat kein Betriebsrat darüber mitzubestimmen, ob eine Betriebsänderung, hier die Schließung zweier Bildungsstätten nebst der Kündigung des in deren Wirtschaftsbereich eingesetzten Personals, durchgeführt wird oder nicht. Der GBR kann nur noch versuchen, die nun anstehenden Verhandlungen in der Einigungsstelle bis zur Erklärung deren Scheiterns durch den Einigungsstellenvorsitzenden möglichst lange hinauszuzögern. Und das sollte er auch, denn nun muss der Kampf um den Erhalt aller DGB-BW-Bildungsstätten von der betriebsverfassungsrechtlichen auf der gewerkschaftspolitischen Ebene weitergeführt und organisiert werden.

Das könnte etwa so aussehen:

Eine in den DGB-BW-Betrieben vertretene Gewerkschaft beruft Versammlungen ihrer Mitglieder ein. Dort werden eine Tarif- und aus deren Mitte eine Verhandlungskommission gewählt. Die Mitgliederversammlung beschließt, dass die Gewerkschaft von der GF DGB-BW einen Sozialtarifvertrag fordern soll, in dem sowohl betriebsbedingte Kündigungen als auch mit Wechsel des Arbeitsorts verbundene Versetzungen ausgeschlossen werden. Oder dass bei betriebsbedingten Kündigungen so hohe Abfindungen und bei Versetzungen derart teure Nachteilsausgleichsregelungen enthalten sind, dass die Weiterführung aller drei Bildungsstätten für den Arbeitgeber eindeutig das kleinere Übel bedeuten würde. Übrigens: Um solche Sozialtarifverträge wurde in den letzten zehn Jahren von einigen DGB-Gewerkschaften durchaus erfolgreich gekämpft und am 24.4.2007 hat auch das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass Gewerkschaften sowohl derartige Sozialtarifverträge fordern als auch mit dem Mittel des Streiks durchsetzen dürfen http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&sid=00fb12699cb1943dbb4cfaca88d44154&nr=11719&linked=pm

Wie man z.B. hier http://www.ngg.net/presse_medien/mediendienste_2009/2009_07_03_sozial_tv/ nachlesen kann, ist das Instrument des Sozialtarifvertrages durchaus auch der DGB-BW-„Hausgewerkschaft“ NGG geläufig. Sofern sie bisher noch nicht einen Sozialtarifvertrag von der GF DGB-BW gefordert haben sollte, stellt sich die Frage, warum dies eventuell unterblieben ist.

Und selbst wenn die NGG sich zu einem solchen Vorgehen gegen die GF DGB-BW und damit (s.o.) letztlich auch gegen den Dachverband, in dem sie selber Mitglied ist, gegen den DGB, entschließen sollte, blieben gravierende Fragen offen:
Kann die in Bezug auf das DGB-BW bzw. den DGB weder unabhängige noch gegnerfreie NGG überhaupt rechtswirksame Tarifverträge dort abschließen? Die höchstrichterliche Rechtssprechung zum Tarifvertragsgesetz verlangt – aus guten Gründen – eindeutig, dass die Tarifvertragsparteien voneinander unabhängig und gegnerfrei sein müssen. In der neuesten Fassung der DGB-Satzung steht in § 4 Absatz 3: „Die Gewerkschaften des Bundes haben dessen Satzung einzuhalten und die Beschlüsse der Organe des Bundes (Bundeskongress, Bundesausschuss und Bundesvorstand) durchzuführen.“ Es ist bisher auch nicht bekannt geworden, dass die NGG im DGB-Bundesvorstand am 1.3.2011 ernsthaft versucht habe, dessen Positionierung zu verhindern „nicht in die laufenden Verhandlungen einzugreifen“. Und sie muss nun DGB-satzungsgemäß den o.g. Bundesvorstandsbeschluss durchführen.

Daher bleibt m.E. nur die Organisierung der DGB-BW-Beschäftigten in einer vom DGB-BW und dessen Eigner DGB wirklich unabhängigen Organisation. Und das ist nun einmal nur der Verband der Gewerkschaftsbeschäftigten (VGB, www.dervgb.de), der gerade deswegen von allen Gewerkschaftsarbeitgebern, allen voran dem DGB, totzuschweigen und klein zu halten versucht wird. Doch das könnten die Beschäftigten selber sehr schnell ändern, indem sie möglichst zahlreich in den VGB eintreten (http://www.dervgb.de/mitglied_werden.php) und dann auf Mitgliederversammlungen ihre Tarifforderungen zum Sozialtarifvertrag beschließen und ihre Tarif- und Verhandlungskommission wählen würden. Der VGB-Vorstand könnte diese Sozialtarifvertragsforderung gegenüber der GF DGB-BW offiziell erheben und diese zu Verhandlungen darüber auffordern. Da zu erwarten ist, dass die GF DGB-BW sich im Sinne der bisherigen Strategie aller Gewerkschaftsarbeitgeber freiwillig darauf nicht einlassen wird, liegt auf der Hand, dass der Sozialtarifvertrag nur mit dem Mittel des Streiks durchzusetzen ist. Der VGB-Vorstand ist davon überzeugt, dass bereits nach den ersten Warnstreiks, sofern sich zahlreiche DGB-BW-Beschäftigte daran beteiligen würden und natürlich auch aufgrund der enormen öffentlichen Wirkung, die Streiks von Gewerkschaftsbeschäftigten gegen Gewerkschaftsarbeitgeber erzielen dürften, die GF DGB-BW und der hinter ihr stehende DGB-Bundesvorstand zum Einlenken gezwungen werden könnten.

Wer ernsthaft gewillt ist, die Schließung von Sasel und Starnberg noch zu verhindern, sollte sich mit den hier vorgestellten Überlegungen vorurteilsfrei und sachlich auseinandersetzen und ggfs. erklären, welche Alternativen es dazu denn nun noch gibt.

Im Auftrag des Vorstandes des
Verbands der Gewerkschaftsbeschäftigten
Martin Lesch
www.dervgb.de